Aufruf an interessierte Unternehmen, vorzugsweise auch kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) zur Teilnahme am Projektbegleitenden Ausschuss im Rahmen eines öffentlich geförderten Forschungsprojektes
Ausgangssituation
Die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Elastomeren werden nicht nur durch Mischungsbestandteilen wie Art und Anteil der Kautschuke. Weichmacher, Alterungsschutzmittel, Verarbeitungshilfsmittel und Füllstoffe, sowie deren Distribution und Dispersion bestimmt, sondern in hohem Maße auch durch die Art der Vernetzung und der Vernetzungsdichte. So durchläuft beispielsweise die Festigkeit ein Maximum mit der Vernetzungsdichte, die Reißdehnung nimmt ab wohingegen die Härte zunimmt. Der Druckverformungsrest nimmt mit zunehmender Vernetzungsdichte ab. Eine besondere Situation besteht beim Einsatz von Kautschukblendsystemen, welche eingesetzt werden, um die Vorteile der einzelnen Kautschuktypen für optimale Produkteigenschaften zu kombinieren. Die effektive Nutzung derartiger Blendsysteme bedarf ein umfassendes Wissen zur chemischen Verträglichkeit der ausgewählten Kautschuke und der zusätzlich durch die Verarbeitung eingestellten Phasenmorphologie der in der Regel mehrphasigen Systeme. Die Vernetzung derartiger Blend-systeme sollte im Idealfall für optimale physikalische Eigenschaften wie Festigkeit, Reißdehnung Elastizität, Lebensdauer, insbesondere bei dynamischer Belastung, und hinsichtlich Verschleißverhalten (z. B. Abrieb bei Reifenlaufflächenmischungen) möglichst homogen sein. Dies ist jedoch vor dem Hintergrund unterschiedlicher Löslichkeiten und des Diffusionsverhaltens der Vernetzungsmittelkomponenten wie z. B. Beschleuniger und Schwefel in den einzelnen Polymerphasen sowie der durch die Mikrostruktur der verwendeten Polymere jeweils spezifischen Reaktivität und der damit verbundenen verschiedenen Vernetzungseffizienzen (Anzahl Vernetzungsstel-len/Vernetzungsmittelkonzentrationseinheit) der Vernetzungssysteme in den einzelnen Phasen des Blendsystems ein ungelöstes Problem. Weiterhin spielen auch die Prozessbedingungen (z. B. Mischtemperatur, Vulkanisationstemperatur und -zeit) eine wichtige Rolle. Detaillierte Kenntnis und quantitative Vorhersagemöglichkeiten der Vernetzungsdichte-Gradienten zwischen den Phasen des Kautschukblendsystems existieren aktuell nicht. Insgesamt ist ein Beitrag zum Verständnis der Homogenität von Netzwerken in Kautschukblends und deren gezielte Einstellung in praxisgerechten Elastomeren für zahlreiche Produkte von hoher wirtschaftlicher und technischer Bedeutung. Eine Verringerung des Abriebs bei z. B. PKW- und LKW-Reifen durch eine Optimierung der Homogenität der Vernetzungsdichte liefert einen wertvollen Beitrag zur Situation von Reifenabriebpartikeln in „Mikroplastik“. Eine Erhöhung der Lebensdauer von dynamisch beanspruchten Bauteilen wie z. B. Dämpfer oder Motorlager sowie die allgemeine Optimierung des Niveaus physikalischer Eigenschaften bedeutet Produktsicherheit, verbesserte Funktionalität und Ressourcenschonung.
Ziele des Projekts
Übergreifendes Ziel des geplanten Projekts ist es, ein verbessertes Verständnis zur Verteilung, Löslichkeit und Diffusion von Vernetzungschemikalien in Kautschukblends zu erreichen und eine geeignete Methodik zur quantitativen Charakterisierung der Vernetzungsdichteverteilung zur Verfügung zu haben. Hierzu ergeben sich Teilziele wie einerseits die Ermittlung der Löslichkeit und die Verteilung von ausgewählten Vernetzungschemikalien in Polydienen und in Polydien-basierenden Blends bei variierender Phasenmorphologie, und andererseits unter Nutzung dieser Daten eine Optimierung der Vulkanisation und der Werkstoffeigenschaften von Elastomerblends.
Lösungsweg
Der Lösungsweg besteht in der Auswahl, Herstellung und Charakterisierung von ei-nerseits experimentell systematisch variierten Modellsystemen (Blends) mit extremer Morphologie und andererseits von praxisorientierten zweiphasigen Kautschukblends (z. B. SBR/BR-basierende Reifenlaufflächemischungen, technische Artikel auf Basis von z. B. NBR/SBR-Blends) mit variierender Morphologie. Auf Basis von zuvor ermittelten Löslichkeit und Diffusionskoeffizienten von ausgewählten Beschleunigern in den Reinkautschuken und auf Basis der Vernetzungskinetik und -effizienz werden geeignete Vernetzungssysteme ausgewählt und in Kautschukblends eingesetzt. Die Löslichkeit und Diffusion von Beschleunigern wird mittels "time lag"-Methode in der ATR-FT-IR Spektroskopie, der Methode der vergleichenden Löslichkeiten für flüssige Beschleuniger und durch Diffusionsexperimente zwischen zwei Kautschuken (mit Quantifizierung der diffundierten Anteile im Gleichgewicht) ermittelt. Auch die Mikroskopie mit Heiztisch und DSC (Schmelzverhalten kristallisierender Vernetzungsmit-telanteile als Funktion von Konzentration und Temperatur) werden hier als aufschlussreiche Methoden eingesetzt. Die Homogenität der Vernetzungsdichten wird durch phasenselektive Methoden charakterisiert wie z. B. durch die mechanisch-dynamische Analyse, durch Quellung in Kombination mit TEM-Analysen, NMR-Relaxationszeit-NMR, Indentor- und AFM-Analysen zur lokalen Härteverteilung und DSC (Verschiebung des Glaspunktes der einzelnen Phasen bzw. Schmelzverhalten kristallisierender Vernetzungsmittelanteile). Zur Charakterisierung des physikalischen Eigenschaftsbildes werden Prüfungen nach Standardmethoden (ASTM, DIN) sowie „Tear Analyzer“-Untersuchungen zur Lebensdauercharakterisierung eingesetzt.
Rahmenbedingungen für Teilnahme
KMU-Definition nach AiF:
Unter KMU sind im Rahmen der IGF solche Unternehmen zu verstehen, deren Jahresumsatz (einschließlich verbundener Unternehmen) nicht größer als 125 Mio. € ist. Ein verbundenes Unternehmen ist ein Unternehmen, das ein oder mehrere Tochter-unternehmen, an denen es mit mehr als 50% beteiligt ist, oder ein Mutterunternehmen hat, das mit mehr als 50% an ihm beteiligt ist. Der maßgebliche Jahresumsatz des verbundenen Unternehmens ergibt sich aus der Addition der Einzelumsätze des Unternehmens selbst sowie aller seiner Tochter- und Mutterunternehmen.